1.Wie hat sich der Immobilienmarkt in den letzten Jahren verändert?

Der Immobilienmarkt befindet sich in einem lange nicht dagewesenen Umbruch. Durch hohe Baukosten, strenge Kredit-Reglementierungen und vor allem einen enormen Zinsanstieg hat sich der Markt in kürzester Zeit vom Verkäufer- zum Käufermarkt entwickelt. Für Gebhard Jenewein, der als Geschäftsführer des Innsbrucker Maklerunternehmens InnReal bereits auf 40 Jahre Branchenerfahrung am Tiroler Immobilienmarkt zurückgreifen kann, ist dieser Umstand bei allen Widrigkeiten aber nicht nur negativ. Er sieht die Herausforderungen auch als Chance auf Gesundung einer aus der Bahn geratenen Branche.

2.Was sind die Gründe für das derzeitige Überangebot an Immobilien?

„Die enorme Preissteigerung von Immobilien in den vergangenen Jahren war nur durch eine Niedrigzinspolitik möglich und deshalb auch nicht wirklich nachhaltig. Wenn sich die Zinsraten nun mehr als verdoppelt haben, verändert das die Marktlogik grundsätzlich. Vor allem der Mittelstand und der gehobene Mittelstand sind zum großen Teil weggebrochen. Sie verschieben Kaufentscheidungen oder steigen gar auf Miete oder Mietkaufmodelle um. Gleichzeitig staut sich dadurch das Immobilienangebot auf der Verkäuferseite – insbesondere bei Verkäufern, die ihre Immobilien selbst fremdfinanziert haben und sich nun mit Liquiditätsengpässen konfrontiert sehen,“ erklärt Jenewein.

3.Wie hat sich das Transaktionsvolumen bei Immobilien seit Mai 2022 entwickelt und warum?

Folglich habe sich das Transaktionsvolumen bei Immobilien ab Mai 2022 sukzessive reduziert und erreichte seither nicht mehr die Höhen der Alles-Ist-Möglich-Phase aus den Jahren 2020 und 2021. Der Trend führt sich auch in den ersten Monaten dieses Jahres fort. Nicht zuletzt, weil Preisanpassungen bis dato oftmals ausblieben. „Das liegt zum Teil auch daran, dass einige Marktbegleiter ihren Kunden bis zuletzt noch Phantasiepreise genannt haben, obwohl seit spätestens Mitte letzten Jahres absehbar war, dass sich das nicht mehr ausgeht und der Markt eine Korrektur erfahren muss,“ nimmt Jenewein auch die eigene Branche in die Pflicht.

4.Wie hat sich die Rolle des Maklers in einem Markt mit einem Überangebot an Immobilien?

Die Folge sei nun ein Überangebot. Heute finde man laut Jenewein nämlich rund 70% mehr Immobilienangebote als noch vor einem Jahr. „Dadurch verändert sich jetzt die Marktlogik enorm. Weniger Käufer können plötzlich aus einer Vielzahl an Immobilien auswählen,“ so der Branchenkenner. Die Rolle des Maklers sieht Jenewein nun viel stärker darin, seinen Kunden und Interessenten durch den unübersichtlichen Angebots-Dschungel hindurchzuführen und werthaltige Wohn- und Lebensräume herauszusieben.

5.Welche Kompetenzen und Eigenschaften sind laut Jenewein am Immobilienmarkt wieder wichtiger geworden?

„Die Zeit der Glücksritter am Markt ist definitiv vorbei. Tugenden wie Branchenwissen, Kompetenz, Kundenorientierung und Professionalität treten wieder in den Vordergrund,“ ist Jenewein überzeugt. Und genau das sein am Ende sehr positiv.